Online-Mentoring für Mentale Balance & Prävention bei Erschöpfung | FLOW O VEDA by Eva Maack, Ayurvedamedizinerin M.Sc.

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Lust auf Süßes - dann los!

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Nach meinem letzten Blog-Artikel über Salz, den ich übrigens ebenfalls in Portugal schrieb, kommt jetzt einer über Zucker. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich in der Hitze immer einen Gieper auf Süßes habe. Hmmm – und hier in Portugal gibt es diese schrecklich unveganen, kalorienreichen pastel de nata, kleine aus Eiern und Sahne hergestellte Mini-Pudding-Küchlein. Ich habe sie mir bis auf einen tatsächlich verkniffen, weil ich mit meiner kapha-Konstitution und meinen Speckröllchen besser darauf verzichten und mich an frische Beeren und ein gutes Mittagessen (echt schwer, wenn man als Teil einer Familienherde isst) halten sollte. Das gilt aber nicht unbedingt für Dich, denn Süßes ist im Sommer eigentlich eine ziemlich gute Idee!


Warum Süßhunger bei Hitze?

Bei den Gebäcken in mediterranen und orientalischen Regionen fällt mir grundsätzlich auf, dass dort alles sehr viel süßer ist, ob es nun Baklava (arabisches Pistazien-Blätterteig-Gebäck), Halva (türkischer Honig aus Sesam und Zucker) oder Turron (spanisches Mandelnougat) ist. Als ich in Tunesien den kühlenden Minztee gesüßt und mit gehäuteten Mandeln serviert bekam, wurde mir schlagartig der Sinn dieser Rezeptur klar: Im trockenen, heißen und auszehrenden Wüstenklima wirken kühlende Kräuter zusammen mit Nüssen und Zucker kräftigend, befeuchtend und kühlend. Der ideale Gegensatz zur erhitzenden Wirkung von Salz, Schärfe und Säure. Süße hat auch seelische Auswirkungen: Sie macht glücklich, zufrieden, gelassen, liebevoll und belebt den Geist.

Ganz allgemein ist Zucker genauso lebensnotwendig wie Salz, da Zucker in Form von Traubenzucker (Glukose) unserem Körper Energie liefert, der biochemische Prozesse in unserem Organismus steuert. Traubenzucker ist neben Fruchtzucker (Fruktose) Bestandteil des ganz normalen Haushaltszuckers (Saccharose) und auch kleinster Baustein von Kohlenhydraten, die wir vor allem in  stärkehaltiger pflanzlicher Nahrung wie  Reis, Hartweizen, Hafer, Bulgur, Kartoffeln, Mais, Tapioka und Hülsenfrüchten finden. 

Im Ayurveda gelten süß schmeckende Lebensmittel als hilfreich bei der Behandlung von vata- und pitta-Störungen, womit vor allem Ängste, Trockenheit, Unruhe, Erschöpfung und Auszehrung aber auch Entzündungen, innere Gereiztheit und Hitze gemeint sind. Die Hauptversorgung mit Traubenzucker sollte daher vor allem über eine vollwertige Ernährung auf Basis von Getreide, Hülsenfrüchten, Obst und süßem Gemüse stattfinden. Diese enthalten neben Stärke auch Ballaststoffe, Nährstoffe, Mikronährstoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe, die den Blutzuckerspiegel, die Energie und das Sättigungsgefühl über längere Zeit stabil halten und eine Unterzuckerung mit Heißhungerattacken verhindern.  

Einen süßen Geschmack haben im Ayurveda neben Zucker folgende Nahrungsmittel:

  • Hafer, Weizen, Dinkel, Reis
  • Datteln, Rosinen, Kokos
  • frische Trauben
  • Ghee, Kuhmilch
  • Basilikum, Kardamom, Zimt, Koriander, Fenchel, Safran und Vanille
  • Kürbis, Möhren, rote Bete, Süßkartoffeln, Avocados
  • Mandeln

Wie gesund ist Zucker?

Zucker in Form von lakritzartiger Melasse (aus Zuckerrüben/Zuckerrohr) oder von nach Karamell schmeckendem Vollrohrzucker (erhältlich als mascobado/muscovado®, sucanat® oder rapadura®), als Dattelsüße (bestehend aus zerkleinerten und getrockneten Datteln) oder Kokosblütenzucker (gewonnen aus dem Saft der Kokosblüten) enthält zwar viel Kalorien aber auch jede Menge Mineralien, Spurenelemente und B-Vitamine. Wer nicht unter Diabetes, Verschleimungen, Störungen von  Leber und Bauchspeicheldrüse, Adipositas oder starker Übersäuerung leidet, kann diese vollwertigen Zuckerarten gerne innerhalb einer Tasse Tee oder einer Gewürzmilch verwenden. Das hilft bei vata-Störungen mit starker Erschöpfung.

Vorsicht ist dagegen vielmehr beim überall erhältlichen Agavendicksaft geboten. Dieser enthält statt Traubenzucker fast ausschließlich Fruchtzucker (Fructose), der - auschließlich verwendet - auf Dauer die Leber schädigen und zu einer Fruktoseunverträglichkeit führen kann. Noch mehr aufpassen sollte man allerdings bei Invertzucker bzw. Glucosesirup, der als billiger - aus Maisstärke hergestelltem - Industriezucker gerne in Puddings, Kuchen, Keksen, TK-Gerichten, Fertigsaucen, gezuckerten Müslis und neuerdings auch in vielen veganen und vegetarischen Ersatzprodukten verwendet wird. Er kann größere Mengen an Fruktose enthalten und gilt vor dem Gesetz nicht als Zucker, weswegen er sich gerne in zuckerfreien Lebensmitteln versteckt. Noch neulich wunderte ich mich darüber, warum meine angeblich zuckerfreie Hafermilch süß wie ein Gummibärchen schmeckte, ohne dass irgendwo ein Zuckerzusatz deklariert war.

Sind Süßstoffe besser als Zucker?

Kristallzucker aus Zuckerrohr und Zuckerrübe hat im Laufe der Zeit einen sehr schlechten Ruf erworben, da er einerseits durch die chemische Raffination keinerlei Nähr- und Mikronährstoffe mehr enthält und andererseits als Konservierungsstoff in fast jedem Fertiglebensmittel enthalten ist.  Der erhöhte Konsum von Zucker ist neben Weißmehl, Alkohol, Fleisch und Fett Hauptverursacher chronischer Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Arteriosklerose und Adipositas. Die World Health Organization (WHO) empfiehlt daher nicht mehr als sechs Teelöffel Zucker (ca. 25 Gramm) täglich.

Um weiterhin die eigenen ungesunden Ernährungsgewonheiten nicht ändern zu müssen, gibt es Süßstoffe wie Aspartam, Saccharin, Cyclamat, Saccharin-Cyclamat-Gemische, Acesulfam, Neotam, Sucralose, Neohesperidin DC und Thaumatin, die ca. 3000 mal so süß wie regulärer Zucker sind. Ich finde sie vom Geschmack her eklig und genauso überflüssig und ungesund wie Konservierungsstoffe und Statine (Cholesterinsenker). Immer mehr Forschungen bestätigen mittlerweile mein Unwohlsein an diesen Stoffen und belegen schädliche Wirkungen.

Aus diesem Grund mussten pflanzliche kalorienarme Süßstoffe wie Steviakraut, Yaconknolle, Lucumafrucht, Luo Han Guo Birkenzucker (Xylit) und Erythrit (ursprünglich hergestellt aus reifen Früchten und Pistazien) her, wobei man bei Xylit und Erythrit vorsichtig sein sollte, da sie aufgrund der großen Nachfrage vor allem aus Glukose ( aus gentechnisch veränderter Maisstärke) oder mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen (GVO) hergestellt werden. Hier ist es sehr wichtig auf gute Quellen in Bioqualität zu achten. Für Hunde kann der Verzehr von Xylit sogar tödlich enden, da ihr Stoffwechsel nicht wie der menschliche Organismus an diesen Stoff gewöhnt ist und den Insulinspiegel stark steigen lässt.

Süßstoffe haben keine chemische Ähnlichkeit mit Zucker und daher auch kaum Kalorien und Einfluss auf unseren Blutzuckerspiegel. Sie können bei Dauerkonsum jedoch zur Verfestigung ungesunder Ernährungsgewohnheiten sowie zu Blähungen und Durchfall führen. Empfehlenswert sind sie aus diesem Grund eher für Diabetiker und als Übergangslösung, zumal Forschungen zur ihrer Unbedenklichkeit noch ausstehen.

Verschiedene ayurvedische Zuckerarten und ihre Wirkung

Im Ayurveda spielt weder der Nährstoff- oder Kaloriengehalt noch der glykämische Index (für Diabetiker wichtig) oder das Verhältnis von Fruktose/Glukose eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung einer Zuckerart. Es ist hier vielmehr die Energetik des Zuckers wesentlich, die sich durch die Ausgangssubstanz und die alchemistische Herstellungsweise ergibt. Außerdem entscheidet immer die Dosis über Gift- oder Heilwirkung. Statt Pauschalaussagen wie “Zucker ist ungesund” gibt es im Ayurveda vor allem individualisierte Anweisungen entsprechend der Konstitution und Beschwerde eines Menschen. Verschleimungen, Wasseransammlungen und innere Trägheit (kapha-Störung) bessern sich eher durch die Einnahme von etwas Waldhonig, wohingegen jaggery -Zucker gut bei einer Verdauungsschwäche wirkt. Ayurvedischer Kandis (sharkara) ist dagegen ähnlich wie das rosa Steinsalz (saindhava) als Göttin des Zuckers weitestgehend von den negativen Eigenschaften ihrer Spezies befreit, wenn man ihn nicht gerade in Massen konsumiert.

Ayurvedischer Kandis (sharkara / mishri)

Die alchemistische Zubereitung dieser besonderen Zuckerart geht auf klassische ayurvedische Texte zurück. Aus Zuckerrohrsaft werden innerhalb eines langsamen Trocknungsprozesses Kristalle gezüchtet, die dann anschließend zerkleinert und gemahlen werden. Ayurvedischer Kandiszucker soll aufgrund seiner besonderen Herstellung weder Säure im Körper bilden (er wird basisch verstoffwechselt) noch die Leber belasten (er ist sehr viel leichter zu verdauen und wird nicht in Fett umgewandelt).

Er ist besonders empfehlenswert bei einer Neigung zu Entzündungen, Erschöpfung und innerer Hitze. Er hat eine kühlende,  entgiftende, blutungsstillende und antientzündliche Wirkung. Er ist ein Aphrodisiakum, wirkt Erbrechen und Darmentzündungen entgegen, hilft bei Erkrankungen der Haut und ist in ayurvedischen Hustensirups enthalten. Er wirkt trockenem Husten entgegen und hilft, dass kein weiterer Schleim produziert wird.

Damit hat sharkara als einziger Zucker eine balancierende Wirkung auf alle drei doshas: Er senkt Trockenheitssymptome, Unruhe und Erbrechen (vata senkend), hilft bei innerer Hitze (pitta senkend) und produziert bei Husten keinen weiteren Schleim (kaphasenkend).  Allerdings sollte er bei kapha-Beschwerden nur in kleinen Mengen konsumiert werden. Sharkara ist in Deutschland beispielsweise von der Firma Maharishi Ayurveda erhältlich.

Das ayurvedische Präparat Sitopaladi wird traditionell auf Basis von Sharkara hergestellt und hat zusammen mit den Gewürzen Kardamom, Zimt, langem Pfeffer und Bambus eine schleimlösende, beruhigende, antientzündliche und verdauungsanregende Wirkung bei Husten, Asthma, Mandel- und Halsentzündung, Appetitverlust und Verdauungsproblemen.

Melasse aus Palmblüten- oder Zuckerrohrsaft (jaggery / guda)

Bei Jaggery handelt es sich um einen durch Hitzeeinwirkung zur Melasse eingedickten und getrockneten Zuckerrohr- bzw. Palmblütensaft, der eine gelb-braune Farbe annimmt. Er sollte mindestens ein Jahr alt und nicht älter als drei Jahre sowie unraffiniert sein, um medizinisch wirksam zu sein. Er ist sehr mineralreich und enthält Eisen, Kalium, Magnesium, Kalzium, Zink, Selen und Mangan sowie Antioxidantien, die das immunsystem stärken. Jaggery  hat eine süße, schwere und stärkende Qualität.  Seine Süße verwandelt sich im Magen zu Essigsäure und unterstützt damit die Verdauungstätigkeit des Magens. Aus diesem Grund gilt er auch als verdauungs- und appetitanregend, fördert die Darmperistaltik, hilft bei Verstopfung und regt die Diurese an.

Er wird aber auch bei Menstruationskrämpfen und zusammen mit Ghee, dem ayurvedischen Butterschmalz, bei Migräne und Kopfweh verordnet. Er findet sich in ayurvedischen Kräuterpasten (leha) und Kräuterweinen (aristha / asava) , die Erschöpften und Geschwächten zur Stärkung dienen. Jaggery ist schwerer verdaulich als Sharkara, weswegen er zwar den Blutzuckerspiegel in Balance hält, aber nicht für Menschen mit kapha-Problematiken geeignet ist. Er ist bei ayurvedischen Anbietern zumeist als fester Block erhältlich.

Waldhonig

Waldhonig ist ein stark enzymatisch angereicherter Honig, da die Bienen dafür die Ausscheidungen der Blattläuse weiterverarbeiten. Er erhält dadurch seine besondere schleimlösende, erhitzende und auskratzende Wirkung, die bei einer kapha-Störung zusammen mit schleimlösenden Kräutern wie Kalmuswurzel, Ingwerwurzel oder langem Pfeffer empfohlen wird. Außerdem sollte Honig nie über 40 Grad erhitzt werden, indem man ihn zum Backen, Kochen oder in heißem Tee verwendet. Auf diese Weise verliert der Honig seine heilende Wirkung, da alle in ihm enthaltenden Enzyme denaturiert werden und der Honig dadurch eine toxische Qualität erhält.

Und welcher Zucker passt für mich am besten?

Insgesamt sollten wir entspannter mit dem Thema Zucker umgehen und eben nicht komplett auf Süßes verzichten, da Süßigkeiten gerade bei Schwäche und Entzündungszuständen eine sehr positive Wirkung haben können. Wenn wir ab und zu mal im Urlaub oder zur Stärkung zu Süßem greifen, kann das in bestimmten Phasen durchaus Medizin sein, die uns Energie, Beruhigung und im Sommer auch ein bisschen Kühlung gibt. Biologisches Marzipan, Ahornsirup und Bitterschokolade gelten als Süßigkeiten, die durch ihren zusätzlichen bitteren Geschmack pitta und Hitze senken. Sesamriegel oder Energiebällchen haben eine vata-senkende Qualität und kandierter Ingwer mit seiner Schärfe eher eine kapha-senkende Schleim reduzierende Wirkung.

Wer sich regelmäßig bewegt, nicht stark übergewichtig ist, selbst kocht und dafür naturbelassene biologisch angebaute vorwiegend pflanzliche Nahrungsmittel verwendet, braucht sich über ein paar Süßigkeiten keine Sorgen zu machen. Längerfristig solltest Du einen guten Zucker in Deinen Haushalt integrieren und neben Obst vor allem nährstoffreiche Energiebällchen aus Trockenfrüchten  (Rosinen, Datteln oder Feigen) mit Nüssen (aber auch Erdmandeln, Kokos, Sesam) und Gewürzen (Kakao, Zimt, Kardamom, Vanille, Safran) für den Süßhunger in der Tiefkühltruhe horten. Im Sommer kann auch mal ein selbst gemachtes Eis aus gefrorenen Früchten, Hafermilch, Vanille, Zimt und ein paar Rosinen/Datteln oder Sharkara glücklich machen.

Wer zu viele Kilos auf den Rippen hat und sich eher von Fastfood mit leeren Kalorien (Nudeln mit Tomatensauce, Pommes mit Majo, Brötchen mit Marmelade oder Käse, Burger, Pizza, Kekse, Kuchen etc.) ernährt, sollte den Süßhunger nicht ignorieren, sondern diesen durch viel frisches gerbstoffhaltiges Obst wie Beeren, Äpfel und auch Walnüsse befriedigen und dann das ayurvedische Präparat Gurmar (Gymnema sylvestre) zusammen mit süßen Speisen (bei Heißhungerattacken) einnehmen. Sie schmecken dadurch weniger süß, so dass die Lust auf Süßes verloren geht. Wie bei jedem ayurvedischen Kraut sollte auch dieses im Rahmen einer fachgerechten Ayurvedakonsultation individuell zusammen mit anderen Kräutern empfohlen werden. Wichtig ist ebenfalls, sich während der drei Hauptmahlzeiten mit passendem Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen satt zu essen, um Heißhunger und Süßgelüsten vorzubeugen.

Wer sich ernsthaft darauf einlässt, die eigenen Ernährungsgewohnheiten zu ändern, wird irgendwann keinen Süßgieper mehr haben und automatisch zu gesunden Nahrungsmitteln greifen. Der Weg dorthin ist jedoch nicht immer ganz leicht, da wir in Stress- und Krisenphasen einfach zu ungesunden Gewohnheiten neigen. Das kenne ich selbst sehr gut, weiß aber auch, dass es jederzeit möglich ist, den Schalter umzulegen und in die Veränderung zu gehen. Das geht nicht immer so schnell wie man sich das wünscht, aber manchmal auch schneller als man gedacht hätte.

In diesem Sinne wünsche ich Dir erstmal einen wunderbaren und genussvollen Sommer! Möchtest Du regelmäßig über meine Blogartikel, regelmäßigen kostenlosen Workshops und News informiert werden, dann abonniere gerne meine FLOW O VEDA Post, die 1-2x im Monat in Dein Postfach flattert: